Kommentare zu «vater210518»

Ich glaube, manchmal ist Vaters Rede nicht immer für alle eindeutig...
Das "Angriffsziel Zoo" ist nicht vergleichbar mit dem Bericht über den Angriff auf das Krankenhaus oder den Fliegerangriff in der Nähe des Völkerschlachtdenkmals.
Wenn Vater schreibt "Heute habe ich mir wieder den Zoo als Angriffsziel gewählt (mit dem Kaffeehäuschen)" - ist das seine Umschreibung für: Ich habe den Zoo besucht und war schön Kaffee trinken. Einer der friedlichen Momente im Leben, die er trotz allem genossen hat. Aber der Krieg ist nun schon deutlich näher!

Es ist schon so, wie ihr auch schreibt: Ohne diese Briefe hätte ich manches nicht erfahren. Solang wir Schulkinder waren, haben die Eltern nichts von ihren Erlebnissen im Krieg erzählt.
Ab 1990 wurden im DDR-Fernsehen viele Filme über den 1. und 2. Weltkrieg gezeigt und da waren manchmal auch Originalaufnahmen dabei. Etwa in dieser Zeit haben die Eltern dann mit uns darüber gesprochen, wie sie den Krieg erlebt haben... Mutter hat zwei Brüder im Krieg verloren - ein Schwager ist im Krieg gefallen - ein Schwager ist schwer verletzt worden und musste lernen, mit den Narben und allen Beschwernissen dadurch, zu leben und der dritte kam schwerkrank aus Sizilien zurück und starb Ende der 50er Jahre an den Kriegsfolgen... Welche Trauma die Überlebenden verarbeiten mussten? Wir werden es nie genau erfahren!

@ Lina, ich kenne das auch, die Wolken beobachten und sich dazu Geschichten erzählen... Vater konnte das gut!
Und doch gab es eine Zeit, da hat man ihm sogar die Wolken "weggenommen".

Was für mich so schwer zu begreifen ist - warum immer wieder Menschen sich solches Leid zufügen! Als mein Mann seinerzeit einberufen wurde - er hatte sich zu den Bausoldaten gemeldet, das war die in der DDR mögliche Form der Verweigerung des Wehrdienstes mit der Waffe - haben wir auch gemeinsam überlegt: Wir waren seit fast sechs Jahren verheiratet, hatten drei Kinder und er wurde aufs Neue gefragt, ob er bei seiner Entscheidung "Waffenverweigerer" bleiben würde. Man hatte auch darauf hingewiesen: Im Ernstfall sind sie ein Gegner des Systems und wie man mit Gegnern umgeht, ist ihnen hoffentlich klar! Er hat seine Entscheidung nicht geändert - und wir sind sehr froh und dankbar, dass der "Ernstfall" nie eintrat!

Zum Schluß noch ein Hinweis:
Für diejenigen, denen die "Lieder des Erzgebirges" nicht so vertraut sind und die vielleicht mit dem Liederdichter Anton Günther nicht so viel anfangen können:
In der Musikrubrik vom 13.5. habe ich zu "Musik für Vater"
>by Gerlinde aus Sachsen 13.05.2021, 21:32 Uhr<
drei dieser Lieder eingestellt. Es ist ein freundlicher Ausklang für den Mai 1944.
Versucht einfach mal, den 19jährigen Burschen mit seinem Heimweh zu sehen.
by Gerlinde aus Sachsen @18.05.2021, 22:14

@ liebe Gerlinde:
Heute möchte ich mich auch einmal zu diesem so aussergewöhnlichen, so interessanten Tagebuch äussern.
Ähnliche Gedanken u. Erlebnisse wie Dein Vater hatten vermutlich sehr Viele unserer Väter-/Grossvätergeneration... nur haben die meisten später nie über ihre Kriegserlebnisse gesprochen - egal, aus welchem Land sie kamen, egal, auf welcher Seite der Front sie in diesem Krieg (und auch in anderen Kriegen - 2 meiner Schwager waren im Algerienkrieg) gekämpft haben.
Dank dieses Tagebuchs erfahre ich ein wenig mehr darüber, wie ein Soldatenleben ausgesehen haben mag, und dafür möchte ich Dir danken.
by lamarmotte @18.05.2021, 17:21

Es ist sehr emotional in dem Tagebuch zu lesen und so humorvoll wird es wahrscheinlich nicht weitergehen. Schrecklich, was die Männer an der Front und die Frauen mit ihren Kindern zu Hause durchmachen mussten.
Da fällt mir immer der Satz ein: "Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin".
So könnte man viel Leid ersparen.
by Liane @18.05.2021, 06:34

Zuerst möchte ich dir, Gerlinde, nochmals danken !

Erinnerungen kommen da bei mir hoch. Als mein Vater tödlich verunglückte (nicht im Krieg, soviel ich weiss war er in Schweden damals stationiert) stand das Haus, das er zu bauen begonnen hatte, im Rohbau da und wurde dann, so viel ich weiss, verkauft,

Das Wort "Schwesterlein" zu lesen, klingt sehr nach in mir, weil mich mein ältester Bruder so nennt, auch wenn ich sehr selten von ihm lesen darf.

Da kommt bei all dem Geschriebenen deines Vaters viel Bescheidenheit rüber und der Humor, oder das Überspielen all dessen, was in seinem Herzen wirklich geschieht, ist meines Erachtens, sein Lebenselixier bzw. seine Überlebensstrategie.

Viele, die heimgekehrt sind und das Geschehen überlebt haben, waren schwer traumatisiert. Dass sie nachts schrien, schweissgebadet aufwachten, das weiss nur der/die, die es erlebt haben.

Bei meiner Grossmutter väterlicherseits, kam ein Sohn aus dem Krieg nicht zurück; sog. verschollen. Stelle mir das sehr, sehr emotional heftig vor. Dann verlor sie noch unerwartet meinen Vater durch einen Unfall. Was musste alleine diese Frau erlebt haben. In meiner Erinnerung war sie nur Liebe. Ein grosses Vorbild für mich.

So schmerzlich auch diese Erinnerungen meinerseits sind und mir Tränen kommen, so befreiend ist das Ganze auch. Das alleine habe ich dir, liebe Gerlinde, dir und deiner Offenheit, das "Vergangene" mit uns zu teilen, zu verdanken.

Schon kommt mir etwas in den Sinn: "Deine Offenheit macht dich schön".
by Carina @18.05.2021, 04:40

Wieder sehr interessant zu lesen.
Ich hab gerade die drei Kanzler:innen-Interviews von Pro7 nachträglich angeschaut, wenn ich die Texte hier so lese, frage ich mich - in einem Paralleluniversum - welche Zukunften, welche Wirkungsbereiche es für solch einen Mann gegeben hätte, der in so jungen Jahren schon so reif klingt und als habe er ein gutes Gespür für andere Menschen und zwischenmenschliche Geflechte.
by Chispeante @18.05.2021, 02:56

Völkerschlachtdenkmal... Zoo als Angriffsziel mit Kaffeehäuschen... 36 Schwestern sind gefallen... es ist die erschreckende Realität.

Ob dein Vater diesen Humor bis zum Ende behalten konnte?
"Man kann mir alles nehmen, aber meinen Humor lasse ich mir nicht nehmen."

Mein Papa sagte:
"Sie können mir alles nehmen... aber die Wolken können sie ihn nicht nehmen."
Er hat gerne in die Wolken geschaut und hat sich da Geschichten ausgedacht... wahrscheinlich weil er mir auch oft Wolkengeschichten erzählt hat... bin ich auch so in Wolkenschauer geworden und denke mir auch Geschichten zusammen.
by Lina @18.05.2021, 02:35

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