Kommentare zu «vater210901»

Danke, liebe Gerlinde, für diese weiteren Berichte.
Auch wenn Werners Briefe immer optimistisch klingen, seinen Kummer und Schwierigkeiten schreibt er nicht nach Hause.
Doch wenn es wirklichso war, wie er schreibt, denke ich doch, er hatte auch relativ viel Glück. Da ist er an einen französischen Weinbauer geraten, der nicht so schlecht zu ihm war. Und dessen Frau hat ihm sogar noch gut zu essen gegeben.
Auch viele französiche junge Männer haben im Krieg gelitten oder sind gefallen.
Wie ich schon schrieb, mein Vater musste noch 1945 zum Volkssturm nach Russland. Er sei im Ural gefallen.
Mein Mann war in den 60ern in der frz. Fremdenlegion in Algerien.
Während einer Paris-Kurzreise wurden die 3 Freunde in einer Kneipe von Werbern angequatscht und betrunken gemacht. Dann wollten die Kerle eine Unterschrift haben, dass sie sich heute kennen gelernt hatten.
Fünf Jahre musste mein Mann, noch keine 20, dort aushalten. Er hat etliche Freunde erlebt, die auf einer Mine ihr Leben verloren. Er hat nie mit mir von dieser Zeit erzählt. Das war verboten. Er war oft zittrig. Morgens musste ich ihn immer ganz sanft wecken, weil er dachte, die Guerilleros stehen vor dem Zelt. - Mit 46 Jahren ist er gestorben.
by Sieglinde S. @14.09.2021, 03:00

Ich denke, es wird noch ein Weilchen dauern. Tausende Spätheimkehrer, was mir bis heute nicht in den Kopf will. Was haben diese jungen Menschen durchgemacht und z. T. auch überstanden.

Mir kommen beim lesen die Tränen und ich muss automatisch an meinen lieben Vater denken. Da er verwundet wurde, kam er "rechtzeitig" aus russischer Gefangenschaft nach Haus. Wir "Kinder" wissen fast gar nichts, da unser Vater nie über diese Zeit mit der Familie sprach. Mutter wusste sicher Bescheid.
Erst als unser Vater langsam dement wurde, rutschte er in den Krieg und äußerte unter Tränen von seinen Schmerzen und blutigen Füßen ... Doch immer nur ganz kurz.

Diese Hilflosigkeit, die Schmerzen usw., die nach Jahrzehnten hochkamen, war für Vater ganz shlimm und für uns "Kinder" furchtbar traurig, seinen Vater plötzlich weinen zu sehen ...
by Leonie @03.09.2021, 13:05

Ich könnte mir vorstellen, daß er noch einmal erst zu Weihnachten heim kam. Vielleicht Ende 1947, aber leider könnte es auch im Verlauf von 1948 gewesen sein. Was hatten die Franzosen an Arbeitskräften, die vor Entkräftung nicht am Aufbau mitarbeiten konnten. Das frage ich mich.
by Killekalle @02.09.2021, 23:05

Die Berichte sind erschreckend - keine Frage.

Noch mehr erschreckt mich, dass es noch kein Ende hat mit Krieg, mit Hunger, mit Verfolgung und Flüchtlingen... heute, im 21. Jahrhundert! Und wenn ich derzeit die Wahlplakate sehe, frage ich mich, wieviel junge (und alte) Leute den offensichtlichen Lügen glauben werden. Und dann?

@ Liane, ich erinnere mich, dass Vater uns gesagt hat, dass er nicht begraben sondern eingeäschert werden wolle. (Vater hatte u.a. mehrere Lungenentzündungen und Herzinfarkte)
Erst kurz vor seinem Tod (in 1992) hat er gemeint, dass er die Verbrennung nicht mehr wolle, weil er kein Problem mit einer ganz normalen Beerdigung habe.
Aber ich muss ganz ehrlich sagen - ich habe mich manches Mal noch gefragt, ob er wirklich "richtig" tot war... Auch wenn ich längst wusste, wieviel genauer das 1993 kontrolliert wurde!

Von Mutter weiß ich, dass Vater mal mehr, mal weniger unter Alpträumen gelitten hat. Ganz schlimm wurde das Anfang der 90er Jahre, als man im Zuge der Aufarbeitung der deutsch-deutschen Geschichte viele Filme über den 2. Weltkrieg und die verschiedenen Berichte über Gefangenenlager im Fernsehen brachte. Es war so aufwühlend für die Eltern, dass sie diese Filme nicht mehr angesehen haben, sondern den Fernseher gleich ausgeschaltet haben.

Mit den Sonnenstrahlen hat Vater die letzten Grüße nach Hause geschickt. Wann wird er persönlich den Sonnenstrahlen folgen können? Lange kann es doch nicht mehr dauern?!

Schreibt doch mal, was ihr so denkt, wann er wieder daheim sein wird...

by Gerlinde aus Sachsen @01.09.2021, 23:48

Liebe Gerlinde, ich sitze hier und weine. Was hat Werner nur durchmachen müssen... Ich bin in Gedanken bei Euch.
by Xenophora @01.09.2021, 16:19

Die massive Gewichtsabnahme hat auch mich erschreckt und dass ein Arzt ihn gleich zu den Toten gesellen wollte. Dass er einfach nur Nahrung brauchte, um wieder zu Kräften zu kommen, das wurde offensichtlich nicht erahnt. Gut, dass er so stark in seinem Glauben geblieben ist und sein Versprechen später, in der Freiheit, hielt. Benenne sein "Überlebendürfen" als Gnade, die ihm und somit auch dir, liebe Gerlinde, zuteil wurde. Ein im Grunde sehr trauriges Kapitel in der Nachkriegszeit !
by Carina @01.09.2021, 14:14

Oh wie schlimm ist das nur!!
Bei 180 Größe und unter 50 kg ist man wirklich nur noch ein Klappergestell. Seine Zeit war noch nicht um, Gott hat ihn erhört!! Daraus kann ich die tiefe Verbundenheit zu Gott nachvollziehen. Es kann wirklich nur im "Zwiegespräch" sein.

Es ist fast unglaublich und aus diesen Erfahrungen gibt es keine Änderungen am Verhalten der Menschen. Ganz im Gegenteil, die am Hebel der Macht sitzen, lassen ihre Gefangene hungern, die genügend zu essen haben, ignorieren die Gedanken an solch schlimme Zeiten.
by ReginaE @01.09.2021, 08:06

Und immer wieder berühren mich die Berichte von Werner zutiefst. Der Krieg ist schon lange vorbei, er ist ein Gefangener und darf nicht nach Hause.
Unvorstellbar für mich auch der Gedanke dass ich für tot gehalten werde, mich nicht bemerkbar machen kann und womöglich lebendig begraben werde. Seine Zeit war eben doch noch nicht vorbei und Gott hat ihn erhört.
Liebe @ Gerlinde, wie hat dein Vater eigentlich dieses Trauma verarbeiten können.
by Liane @01.09.2021, 06:44

Oh wie schrecklich diese Zeiten waren. Mein Vater hatte bis zu seinem Tod immer erzählt, wie schlimm der Hunger nach Kriegsende war, bis 1955 ist er nie richtig satt geworden. All die Jahre, bis er ein alter Mann war, hat er jedes Essen bewußt zu sich genommen und immer gesagt, wie herrlich es ist, satt zu werden.

Da finde ich, ist es ähnlich wie mit Joachim Kulenkampff, der hat in einem Film über die Nachkriegsjahre erzählt, wie herrlich es für ihn ist, wenn man ein Auto fährt, an dem hinten keine Kanone dran hängt, weil im Krieg immer eine Kanone hinten dran hing.
by Katharina @01.09.2021, 00:58

Dein Kommentar
 Cookie löschen


Zum Schutz vor Spammern gib bitte die Buchstaben/Zahlen vom Bild ein. Falls Du den Code nicht lesen kannst, klicke auf "Vorschau", dann wird ein neuer angezeigt: