Im Januar 1944 begann Vaters Reise, die seine Schwester für ihn "festgehalten" hat, indem sie alle ankommenden Briefe abgeschrieben hat.
Nun sind wir im Juli 1948 angekommen - und nicht nur 100 km, sondern ca. 1'000 km von dem kleinen Heimatdorf im Erzgebirge entfernt!
Der 18jährige, der auszog "die Welt zu retten", ist jetzt 23 Jahre alt und hat sehr vieles erlebt, was ihn entscheidend geprägt hat. "Aus dem Leichenkeller in Gottes Licht" - so ähnlich hat er es einmal erzählt. Er ist froh und dankbar, dass er leben darf und auf den französischen Feldern etwas von der Schuld des ganzen Volkes abarbeiten kann. Er ist und bleibt ein Teil dieses Volkes! Mit Begeisterung war er in diesen unglückseligen Krieg gezogen, das hat ihn auch später immer wieder beschäftigt. Er hat uns aber auch immer gern davon berichtet, wie freundlich er von "dem Patron und seiner Familie" aufgenommen worden war.
Ein wichtiges Ereignis für Werner und die gesamte Familie ist in den Briefen und in der Zeitung nur ganz knapp berührt worden: Ende Mai 1948 ist Werner nicht mehr nur der "kleine Bruder" der beiden Schwestern, er ist jetzt auch ein stolzer Onkel! Die jüngere der Schwestern hat nun geheiratet und ist Mutter geworden!
Stolz ist er aber auch darauf, dass er sich jetzt neu einkleiden kann. Der Besuch in der Heimat hat gezeigt, dass es an allem fehlt...
Um gegen den Hunger der Eltern und die Krankheit der Mutter zu helfen, hatte die große Schwester sehr viel riskiert. Sie war mit Wäsche u.a. wertvollen Sachen aus den Schränken über Land gezogen und hatte versucht, Lebensmittel und Arzenei dafür einzutauschen. So schnell waren die Schränke nicht wieder gefüllt!!
Danke für alle Kommentare bisher. Ja, ich bin gern die Tochter dieses Mannes!
Er hat uns alle .... Nein! Soweit sind wir noch nicht! Erst muss er mal nach hause kommen :))
by Gerlinde aus Sachsen @12.01.2022, 00:36
Wieder eine höchst interesante Zusammenstellung!
Immer eine Freude es zu lesen!
by Chispeante @12.01.2022, 00:11
danke, Gerlinde, dass wir die positive Zeitung Deines Vaters lesen dürfen. Ich bin erstaunt, dass er auch 1948 in Gefangenschaft so positiv schreibt.
by Gisela L. @11.01.2022, 19:34
Wie schön ist es, trotz Gefangenschaft so positiv eingestellt zu sein!
Werner hat ganz viel Talent, sich auf die Gegebenheit einzustellen und mit Gottvertrauen die Zeit zu überstehen. Es ist sehr berührend, dieses Zeitzeugnis zu lesen. Danke Gerlinde!
by Lisalea @11.01.2022, 18:29
Mit viel Gefühl geschrieben, in einem liebevollen Tonfall, stilistisch schön formuliert, heimatverbunden, familientreu, trotz aller Arbeit immer dankbar und gut gelaunt und mit gläubigem Gottvertrauen ausgestattet - liebe Gerlinde, ich spüre dich in allem, was dein Vater schriftlich hinterlassen hat! Jeder, der deine Art des Schreibens kennt und deine Kommentare zu lesen weiß, erahnt, wem du dieses Talent und deine Lebenshaltung zu verdanken hast. Wie schön, dass du ein Seelenfärbler bist! Ich sende dir ganz herzliche Grüße!
by Inge @11.01.2022, 15:43
Eine Zeitreise nach Seurre! Schier unglaublich.
Burgund ist wunderschön, und war es damals schon.
Was ich so bewundernswert finde: der Autor läßt sich auf die Fremde ein, besichtigt, ist offen, trotz der hatten Arbeit. Und er läßt die Familie sehr persönlich an seinen Ausflügen teilhaben. Ein ganz fester Zusammenhalt.
Wieviel Zeit statt Frei-Zeit in dieser wundervoll geschriebenen und gezeichneten Zeitung steckt!
by Bärenmami @11.01.2022, 09:38
Drei Jahre ist der Krieg schon zu Ende und der arme Werner ist immer noch entfernt von seiner Heimat. Die Zeitung liest sich aber so leicht und fröhlich, da kommt man gar nicht auf die Idee, dass der "Autor" ein Kriegsgefangener ist. Er beschreibt alles so lebendig und seine Illustrationen dazu sind einfach herrlich. Hoffentlich rückt die Heimreise bald näher, denn die Sehnsucht nach zu Hause spürt man.
by Liane @11.01.2022, 07:15
na, das klingt schon ziemlich hoffnungsvoll und superschön gemalt.
Alles mit viel Fantasie dargestellt und auch Spass an der Arbeit.